Solidarische Grüße ins »Gefahrengebiet«: Gemeinsam für eine Stadt für alle!
Der Friedrichshainer Nordkiez ist seit Monaten eine polizeiliche Sonderzone. Am 13.01.2016 verschaffte sich die Berliner Polizei mit einem Großeinsatz gewaltsam Zugang zu dem Hausprojekt Rigaer94, durchsuchte Zimmer und beschlagnahmte auf groteske Art und Weise Holzbriketts und allerhand Krempel. Weitere Durchsuchungen in den umliegenden Hausprojekten folgten. Der Alltag Hausbewohner*innen, ihrer Nachbar*innen und Besucher*innen im „Gefahrengebiet“ gleicht einem Spießrutenlauf: Permanente Kontrollen, Scheinwerfer leuchten Straßen aus, Kriminalisierung auf allen Kanälen.
Alles nur ein schlechter Scherz?
Das völlig überzeichnete Bedrohungsszenario, das massive Polizeiaufgebot samt SEK und Hubschraubereinsatz während andernorts beinahe täglich Unterkünfte von Geflüchteten attackiert werden, machen deutlich: Im Friedrichshainer Nordkiez soll ein Exempel statuiert werden. Die Rigaer Straße ist nach wie vor ein politischer, ein lebendiger Ort in Berlin. Hier leben Menschen, die sich bewusst gegen marktförmigen Biografien und für eine andere Art des Zusammenlebens entschieden haben. Solche Lebensentwürfe haben in dem durchsanierten Viertel keinen Platz. Im Kiez soll Ruhe einkehren, damit die mühsam angelockten Investoren weiter ihre Rendite realisieren können.
Wer gefährdet hier wen?
Das „Gefahrengebiet“ betrifft jedoch nicht nur Hausprojekte und den Friedrichshainer Nordkiez. An den Auseinandersetzungen wird die Frage verhandelt, wer wie und wo in dieser Stadt leben darf. In der ganzen Stadt steigen die Mieten. Viele von uns hängen in prekären Jobs fest, sind mit gekürzten Sozialleistungen konfrontiert. Die Herrschenden sparen gleichzeitig die städtische Infrastruktur zusammen und lassen Milliarden im Berliner Filz versickern. Die Wohnungspolitik des Berliner Senats und die sogenannte „Berliner Linie“ machen es unmöglich vorhandenen Leerstand in funktionierenden, selbst-organisierten Wohn- und Lebensraum für Alle zu verwandeln.
Gegen die Fragmentierung. Das Gemeinsame finden!
Die Kämpfe der letzten Jahre stimmten hoffnungsvoll, blieben jedoch oft isoliert: Der Widerstand gegen die Räumung der Liebig 14, die Proteste von Geflüchteten auf dem Oranienplatz und in der Ohlauerstraße, die wöchentlichen antifaschistischen Aktionen gegen rechte Wutbürger*innen bei Bärgida und in Marzahn-Hellersdorf. Die Verhinderungen von Zwangsräumungen, die Kämpfe für das Recht auf Stadt am Kotti und beim Mietenvolksentscheid, sowie die Bemühungen um ein Social Center für alle (SC4A), in dem neue und alte Nachbar*innen zusammen kommen können.
Entscheidend ist, dass wir in all diesem Kämpfen das Gemeinsame finden. Eine gemeinsame Antwort auf das Gefahrengebiet, ohne in die von Henkel & Co kalkulierten Reflexe und Spaltungen zurückzufallen.
Unsere Solidarität gilt allen von den Durchsuchungen Betroffenen Menschen; allen Menschen, die die Nase voll haben von Ausgrenzung und Verdrängung in dieser Stadt. Wir grüßen all Diejenigen, die am 06.02.16 eine politische Antwort auf Repression, mutwilliges Behördenversagen und rechte Hetze geben werden [1]. Zeigen wir, dass wir uns nicht gegeneinander ausspielen lassen, in Alteingesessene und Neuankommende. Nicht am 06.02., nicht bei 100% Tempelhof und nicht bei den vielen gemeinsamen sozialen und antirassistischen Protesten, die dieses Jahr auf uns zukommen werden.Wir bleiben alle! Gemeinsam für ein Berlin für Alle!
Interventionistische Linke Berlin, Februar 2016