In letzter Zeit sehen wir uns in Hannover auf der Straße, wenn es darum geht allen zu zeigen, dass wir mit Geflüchteten von überall her solidarisch sind und das wir die rassistischen Zustände hier beschissen finden. Vor ungefähr zwei Wochen berichteten dann die Medien von den rassistischen Folterungen in der Bundespolizeiwache im Hauptbahnhof. Wir waren nicht überrascht, wir waren wütend – wiedereinmal und sind es immer noch.
Wenn auf Demos die Parole „Nichts und niemand wird vergessen!“ gerufen wird, dann möchte man sagen: „Wie könnte man?“, denn rassistische Polizeigewalt scheint an der Tagesordnung zu sein.
Überrascht waren wir als es hieß, die neusten rassistischen Vorfälle seien ein Einzelfall. An den europäischen Außengrenzen finanziert die deutsche Regierung den Massenmord an Flüchtlingen durch die sogenannte „Grenzschutzagentur“ FRONTEX mit und diejenigen die es in die BRD geschafft haben, sind tagtäglich mit rassistischen Polizeikontrollen, Misshandlungen und sogar Tötungen betroffen. Amir Ageeb, Oury Jalloh und Achidi John sind drei Namen von Refugees. Nur drei Refugees, die im Rahmen von Polizeimaßnahmen getötet worden.
In Hannover wurden immer wieder Fälle von rassistischen Polizeimaßnahmen bekannt. Das es bei Fällen in Hannover überwiegend um die Herschelwache ging und die Bundespolizei ungenannt blieb, ist wohl eher Zufall.
Viele von denen, die hier von der Polizei misshandelt oder getötet werden sind nach Deutschland geflüchtet, um Diskriminierung, Unterdrückung und politischer Verfolgung bis zur Folter zu entgehen. Einer von ihnen, war der kurdische Jugendliche Halim Dener.
Halim war hier weiterhin politisch in der kurdischen Bewegung aktiv. Als er am Abend des 29. Juni 1994 am Steintor in Hannover Plakate klebte, war das in den Augen eines Polizisten keine Ordnungswidrigkeit, sondern Unterstützung einer verbotenen „terroristischen Organisation“. Bei der Festnahmen fielen tödliche Schüsse und so wurde auch Halim Dener zu einem Todesopfer der deutschen Polizei.
Wir wollen nicht immer reagieren und auf die Straße gehen, wenn in Bothfeld der Neubau einer Geflüchtetenunterkunft angezündet wird, wenn wieder fast Tausend Menschen im Mittelmeer ertrinken müssen, weil das Gesetze so vorschreiben. Wir wollen nicht in Situationen sein, wo wir an erschossene Genoss_innen wie Halim Dener erinnern müssen oder wenn Folterungen von Bundespolizisten in die Öffentlichkeit kommen. Das alles hängt zusammen und hat System. Wir wollen dieses rassistische Scheisssystem nicht.
Weil wir damit nicht alleine sind und weil wir das konkret ändern müssen: Schließen wir uns zusammen - mit Freund_innen und Genoss_innen - und denen, die das noch nicht sind. Vernetzen, arbeiten und organisieren wir uns zusammen, egal von wo wir kommen und ob wir einen Pass in der Tasche haben. Denn so mies die Anlässe der letzten Zeit waren, die uns auf die Straße treiben, so wichtig ist es doch, dass wir es gemeinsam getan haben.
Für heute ist es wichtig, hier in Hannover, ein lautes und entschlossenes Zeichen gegen rassistische Polizeigewalt zu setzen.
Bundesbulle Thorsten steht nun in der Öffentlichkeit. Angeblich ein Einzelfallbeispiel für rassistische Polizeigewalt. Doch Polizeigewalt meint nicht nur die, die schlagen und foltern. Polizeigewalt meint auch diejenigen, die wegschauen, obwohl sie genau wissen, was im Raum nebenan passiert. Polizeigewalt üben auch diejenigen aus, die aus Corpsgeist nicht gegen ihre Kolleg_innen ermitteln. Polizeigewalt hat System!
Das System muss weg! Ein erster Schritt wäre die Auflösung der Herschelwache, ein Garant für immer neue Einzelfälle rassistischer Polizeigewalt. Ein erster Schritt wäre endlich die Einführung der Kennzeichnungspflicht für die Mitglieder geschlossener Polizeieinheiten. Los geht’s - Machen wir Druck - Weg mit dem System!
Weil wir nichts und niemanden vergessen, werden wir auch am 4. Juli demonstrieren und das Gedenken an Halim Dener würdevoll auf die Straßen Hannovers tragen.
Şehîd Namirin!