„Hamburg 2024 – das gibt es nur einmal“ – mit diesem Kampagnenmotto wirbt die Bewerbungsgesellschaft in der Hamburger Bevölkerung für Zustimmung zur Bewerbung um die Olympischen Spiele 2024. Die Bestätigung dafür will sich der Senat am 29. November bei einem Referendum holen – zu einem Zeitpunkt, wo die Olympia-Euphorie noch nicht getrübt ist von nüchternen Betrachtungen über Kosten und andere Folgen.
Ein Milliardengrab
Eine ergebnisoffene Studie über Kosten, Nutzen, Chancen und Risiken einer Bewerbung gibt es nicht – obwohl die Mehrheit der Bürgerschafsparteien im Mai 2014 eine solche als Voraussetzung für die Bewerbung verlangt hatte. Zählt man allein die Kosten zusammen, die zu verschiedenen Zeitpunkten von offizieller Seite für bestimmte Teilaspekte des Olympia-Konzeptes genannt wurden, kommt man auf einen Betrag in Höhe von 15-20 Milliarden Euro – was man als optimistische Einschätzung betrachten kann.1 Profitieren werden Wenige. Alle anderen spüren nur die Belastungen. Um die Kosten zu decken, wird der Senat entgegen aller Versprechen in den gleichen Bereichen wie immer kürzen: Bildung, Kultur, Soziales und voraussichtlich sogar im Breitensport.
Olympic-City und die steigenden Mieten
Ein Grund, warum Hamburgs Stadtentwickler_innen von Olympischen Spielen träumen, liegt in den „Chancen“ für die Stadtentwicklung. Das Hafengelände Kleiner Grasbrook dient als Olympischer Park - mit Olympischen Dorf, Olympia-Halle und Olympia-Stadion. Als „Erbe“ der Olympischen Spiele soll daraus mit der „Olympic City“ ein neuer Stadtteil entstehen, der gleichzeitig als Brückenpfeiler den „Sprung über die Elbe“ weiter unterstützt. Wie der neue Stadtteil einmal aussehen soll, malt der Senat in den buntesten Farben aus: „Im Sinne einer sozialen Nachhaltigkeit kann die Olympic City zur Ankunftsstadt für Einwanderinnen und Einwanderer, Studierende, Kulturschaffende und für junge Unternehmen werden.“ Die Realität ist eine andere. Will der Senat wie angekündigt die Kosten für die Herrichtung des Geländes über den Verkauf von Grundstücken refinanzieren, dürften die Immobilienpreise happig sein. Und genau darum geht es auch: Hochwertigen Wohnraum für Besserverdienende in zentraler Lage schaffen. Daran, dass eine zweite Hafen-City entsteht, ändern auch die angekündigten 2000 Sozialwohnungen nichts. Deren Mieten sind für einen Zeitraum von 15 Jahren gedeckelt. Wie der Londoner Olympic Park dazu diente, den bisher vor allem von ärmeren Bevölkerungsteilen bewohnten Londoner Osten aufzuwerten und eine Welle der Gentrifizierung in Gang zu setzen, verspricht sich der Senat auch von der Olympic City, dass sie in den Hamburger Osten und den Hamburger Süden ausstrahlen – jene Gebiete, die derzeit im Fokus der Planer_innen in Handelskammer und Stadtentwicklungsbehörde stehen.
Sport ist nur eine Nebensache
Den Akteuren hinter der Hamburger Olympia-Bewerbung geht es nicht um den Sport. Ganz im Gegensatz zu der Aussage, das Hamburger Konzept sei „bescheiden“ ist das Ziel die Durchsetzung eines gigantischen Stadtentwicklungsprojektes. Entscheidet sich das IOC für Hamburg, wird ohne Rücksicht auf Kosten und Widerstände innerhalb von nur sieben Jahren möglich, was sonst viele Jahre dauert. Man erspart sich lästige Diskussionen und profitiert gleichzeitig von der Olympia-Begeisterung vieler Hamburger, um einen neuen Stadtteil für die Reichen aus dem Boden zu stampfen. Und auch wenn Hamburg die Spiele nicht bekommt, ist bereits vieles erreicht: Die zweijährige Bewerbungsdauer erfüllt den Zweck, die „Marke Hamburg“ international bekannter zu machen und innerhalb der Stadt die Weichen zu stellen für den Umbau des kleinen Grasbrooks
Wem nützt das?
Profiteure sind zum einen das Internationale Olympische Komitee (IOC) und seine Sponsoren. Mit dem „Gastgeberstadtvertrag“ unterzeichnet die Stadt einen Knebelvertrag mit dem IOC. Dieses sitzt künftig praktisch mit am Regierungstisch. Zum anderen profitieren all jene, die in dieser Stadt mit dem Bau und Verkauf von Immobilien Gewinne scheffeln: Firmen wie die im Besitz der Otto-Familie befindliche ECE, die derzeit in der Hafencity Luxuswohnungen baut, oder Unternehmer wie der „Baulöwe“ Dieter Becken. Aber nicht nur diejenigen, die direkt in die Olympia-Planungen involviert sind, profitieren: Ein steigender internationaler Bekanntheitsgrad Hamburgs macht den Hamburger Immobilienmarkt als Anlageoption noch interessanter. Ein neuer Motor für den Mietenwahnsinn in der Stadt. Vor allem Bewohner_innen rund um die Austragungsorte in Wilhelmsburg, im Schanzenviertel, auf St. Pauli, auf der Veddel und sogar in Rothenburgsort werden dies zu spüren bekommen.
Gegen Olympia – für das Recht auf Stadt!
Große Teile Hamburg sind dabei, zum privilegierten Wohnort für Besserverdienende zu werden. Der städtische Raum wird exklusiv – insbesondere das Wohnen in innerstädtischen Gebieten wird für einen großen Teil der Bevölkerung unerschwinglich. Die Olympia-Bewerbung ist nicht der Auslöser –sie wird den Prozess aber beschleunigen. Mit den Olympischen Spielen wird gleichzeitig ein Sicherheitsapparat installiert, der Räume absichert gegen alle, die dort nicht erwünscht sind.. Die Erfahrung zeigt: Zum Erbe der Olympischen Spiele gehört ein Ausbau der Kameraüberwachung und eine enorme Aufrüstung der Polizei. Die Londoner Polizei versorgte sich z.B. für die Spiele 2012 mit 10.000 Gummigeschossen und Kriegswaffen wie Schallkanonen für den Einsatz gegen die Demonstration. Wir wollen eine andere Stadt: Eine Stadt, die das Recht auf Zentralität unabhängig von Einkommen oder vermeintlicher Herkunft garantiert. Eine Stadtentwicklung bestimmt von den Bewohner_innen und nicht ausgerichtet nach Kapitalinteressen. Öffentliche Räume zum Abhängen und Feiern, statt privatisierte Plätze und Kommerzevents. Ein Zusammenleben der Gegensätze , in dem niemand von Sicherheitsdiensten und Polizei vertrieben wird. Eine Stadt, die Geflüchtete willkommen heißt und in der niemand auf der Straße oder Zelten leben muss, während anderswo teure Stadien gebaut werden.
Lasst uns die Olympia-Bewerbung als Chance nutzen: Bewohner_innen verschiedener Stadtteile, Akteure unterschiedlicher gesellschaftlicher und politischer Spektren schließen sich zusammen, um gemeinsam das Recht auf Stadt durchzusetzen. Wir lassen uns nicht mit Brot und Spielen abfrühstücken! Wir nehmen uns die Stadt!
In diesem Sinne:IOC –Go Home!
Kein Olympia in Hamburg!
Refugees Welcome!