Es ist keine gute Nachricht. Es ist kein: „Nochmal Glück gehabt“. Wenn morgen die Stichwahl in Frankreich stattfindet, wird dies ein schlechter Tag für Migrant*innen, für Linke, für die kämpfenden Klassen, für soziale Bewegungen, für Arme, für Rentner*innen, für Alleinerziehende.
Dies ist die zweieinhalbte Mitteilung der IL.
Wir glauben, dass keine Bewegung und keine linke Organisation diese Wahl unkommentiert lassen kann. Denn im schlimmsten Fall hat in einem der stärksten, imperialen Länder Europas eine extrem rechte Frau für die kommenden Jahre das Sagen. Dies wäre ein riesiger Gewinn für die Europäische Rechte und ein kaum auszuhaltender Schrecken für all jene, die sich den nationalen, sexistischen und rassistischen Gedanken in unseren Gesellschaften nicht beugen wollen. Eine Schlinge um den Hals all jene*r, die seit Jahren in Frankreich leben, aber keinen französischen Pass haben, für all jene, die nicht dem weißen, heterosexuellen Ideal entsprechen. Der staatliche Rassismus in Frankreich, die Kriege in Nordafrika und die Polizeigewalt gegen Migrant*innen und Geflüchtete – all das würde in Zukunft unter dem Slogan „Frankreich zuerst“ mit Stolz zur Schau getragen.
Im durchaus weniger alarmierenden Fall hat ein Mann das Sagen, der Europa und Freiheit verkündet, doch letztlich nur das neoliberale „Weiter so“ verkörpert. Macron beschreibt seine Werte als „travail“, „liberté“, „fidelité“, „ouverture“: Europa und Freiheit gegen den Schrecken von Rechts? So ist ihre Erzählung. Das neoliberale „Weiter so“, das verkleidet durch Gleichheits- Reden, das Ende von Arbeitnehmer*innen-Rechten, den Abbau von Sozialstaat, explodierende Mieten, Spardiktate und Privatisierung bedeutet; namentlich z.B. durch das Loi- Travail. Jeden Tag den wir länger warten, mit uns selbst hadern in solch verschlungenen Zeiten, spielt den Anderen in die Hände. Stattdessen müssen wir die Freiheit nicht nur vor den reaktionären Kräften dieser Welt verteidigen, sondern auch vor denen, die sie jetzt am lautesten und vehementesten verteidigen. Ihre Freiheit ist Falsch. Freiheit geht nur mit sozialer Gleichheit.
Die Wahl in Frankreich ist keine französische Wahl. Das erste Ergebnis der Vorwahlen ist die nun mehr wiederholte Warnung an uns alle in Europa – so wie es die Wahlen in den Niederlanden und der Brexit bereits waren. Das autoritäre „Weiter so“ gegen den autoritären Rassismus, Sexismus und Nationalismus ist genau das Szenario, das sich am 7. und 8. Juli beim G20 Gipfel in den Messehallen breit macht.
Unsere Aufgabe wird es sein weder in die Fanfaren der liberalkapitalistischen Ordnung, noch in das Horn ihres reaktionären Spiegelbilds, einzustimmen, sondern eine glaubhafte dritte Option zwischen falscher Freiheit und falscher Gleichheit sichtbar zu machen: Unsere Vision einer Gesellschaft, die sozial gerecht, frei und friedlich ist. Unsere Aufgabe wird es sein, die Bühne in Hamburg zu nutzen, um ein europäisches und kämpferisches anderes Bild zu zeigen, eine globale Linke wieder denkbar zu machen. Notwendig ist sie allemal. An der Seite mit all unseren Freund*innen werden sie an diesen Tagen nicht ignorieren können, dass der Widerstand gegen ihre Politik niemals schläft. Denn wenn wir alle Kraft gemeinsam einsetzen wird es eines Tages kein „Weiter so“ mehr geben.
P.S.: Macron spricht von Arbeit als der „première source d’émancipation individuelle“. Doch die erste Quelle der Emanzipation bleibt die Solidarität, die Rebellion und die Hoffnung.
Wir schicken solidarische und kämpferische Grüße nach Frankreich!
Vive la commune!
La rage du peuple!
Interventionistische Linke, Mai 2017