Vor einigen Tagen schlugen Pressemeldungen Alarm: Ein Gerichtsurteil, das die Erstellungsweise des Berliner Mietspiegels von 2013 infrage stellt, könnte zu weiteren Preissteigerungen führen. Nun wird der neue Mietspiegel 2015 vorgestellt. Doch anstatt die Mietpreisexplosion zu stoppen, werden auch hier nur die rasant steigenden Mieten in Berlin dokumentiert. Ein wirksames Mittel gegen die zunehmende Verdrängung ärmerer Bevölkerungsschichten aus der Stadt ist er nicht. Im Gegenteil: In seiner jetzigen Form wirkt er als Mieterhöhungsspiegel.
Der heute vorgestellte neue Mietspiegel soll als Richtschnur bei Mieterhöhungen dienen. Bereits im Januar hatte der neue Stadtentwicklungssenator Geisel einen Sprung auf über sechs Euro pro Quadratmeter erwartet. Die bisherigen Maßnahmen haben also die rasant steigenden Mieten nicht bremsen können, mehr noch, die Untätigkeit, z.B. die Probleme im sozialen Wohnungsbau anzugehen, haben die Wohnungskrise weiter verschärft. Der neue Mietspiegel 2015 wird in seiner jetzigen Form die Mieten weiter steigen lassen, denn er setzt sich vorrangig aus Miethöhen bei Neu- und Wiedervermietungen zusammen – günstige Bestandsmieten aus älteren Mietverträgen fließen nicht ein. So wird er vor allem die steigenden Mieten in den letzten zwei Jahren dokumentieren. Das so verzerrte Bild der Vergleichsmieten bildet dann wiederum die Grundlage für weitere Mieterhöhungen – der Mieterhöhungsspiegel wirkt. Hinzu kommen Ausnahmen für die, die steigende Mieten am wenigsten verkraften können. Die Mieten im sozialen Wohnungsbau kann der Mietspiegel aufgrund des dort gültigen Kostenmietensystems grundsätzlich nicht begrenzen. "Mit dem neuen Mietspiegel stellt sich der Senat selbst ein Armutszeugnis für seine gescheiterte Wohnungspolitik aus", bilanzierte Daniela Schuster von der interventionistischen Linken Berlin.
Nach dem Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg, das dem Mietspiegel eine fehlende wissenschaftliche Grundlage attestierte, steht selbst diese geordnete Mieterhöhung infrage. Der Senat muss sich fragen lassen, wie wichtig ihm die Mieterinteressen sind, wenn es beim Erstellen des Mietspiegels zu solchen Mängeln kommen kann. Die Vermieterlobby freuts, und sie bläst zum Sturm, auch im Hinblick auf die ungeliebte Mietpreisbremse, die sich ebenfalls am Mietspiegel orientiert.
Um die zunehmende Mietpreistreiberei effektiv zu bekämpfen, ist ein grundsätzliches politisches Umsteuern überfällig. Noch keine Wohnungsnot wurde durch den Markt gelöst – denn arme Haushalte sind als NachfragerInnen für die Wohnungswirtschaft weitgehend uninteressant.
Stattdessen ist öffentlicher und sozialer Wohnungsbau gefragt. Denn eine Lösung der Wohnungsfrage ist nur durch einen Ausstieg aus der profitorientierten Wohnungspolitik möglich. Konkret durch das Herauslösen des menschlichen Grundbedürfnisses Wohnen aus Marktprozessen wie Spekulation und Profitstreben hin zu einer neuen Gemeinwohlorientierung für und durch die BerlinerInnen
Ein wichtiger Schritt in diese Richtung ist der Mietenvolksentscheid: Erstens steht damit ein wirksamer Privatisierungsstopp an. Zweitens befreit er die öffentlichen Wohnungsgesellschaften Berlins davon, Überschüsse aus ihren Mieteinnahmen in die vom Senat verursachten Haushaltslöcher zu stopfen – z.B. für den Nicht-Flughafen BER. Drittens soll durch den Volksentscheid die Wohnungsverwaltung durch MieterInnenmitbestimmung unter öffentliche und demokratische Kontrolle gestellt werden. Nur so kann die Wohnungspolitik endlich aus den alten verkrusteten Strukturen des sprichwörtlichen Berliner Filzes herauskommen. "Gepaart mit einer langfristigen und umfassenden Rekommunalisierung großer Mietwohnungsbestände würde das stumpfe Schwert Mietspiegel überflüssig und das Recht auf Wohnen statt Wohnen als Ware Wirklichkeit", sagte Daniela Schuster von der interventionistischen Linken Berlin.
Eine Erklärung der Stadt-AG der Interventionistischen Linken Berlin, Allmende e.V., und Rouzbeh Taheri (Berliner Mietergemeinschaft / KO-Kreis Berliner Mietenvolksentscheid)
Veranstaltung der IL Berlin zum Berliner Mietenvolksentscheid am 29. Mai