Mall of Berlin? – Mall of Shame!

Blockupy stattete dem Berliner Shoppingcenter einen Besuch ab
Blockupy am 2. September 2016 in der Mall of Shame in Berlin
Blockupy am 2. September 2016 in der Mall of Shame in Berlin

Gründe gibt’s mehr als genug, dass wir heute der „Mall of Berlin“, im Volksmund „Mall of Shame“ – dem Shoppingcenter der Schande – einen Besuch abstatten. Hier ist ein Ort, der wie kaum einen anderer in Berlin für Ausbeutung prekärer Arbeit und für den Verkauf von Textilien steht, die oft in maroden Textilfabrik von Pakistan oder Bangladesch unter geradezu lebensgefährlichen Arbeitsbedingungen hergestellt werden. Und wir haben hier einen Ort vor uns, der zu einem privatisierten Platz gemacht wurde, wo einzig und allein das Interesse der Investoren und der Geschäfte an Konsumzwang und am schnellen Profit diktiert. Wer kein Geld loswerden will oder keines zum Loswerden hat, der hat hier nichts verloren.


Superlative des Profits
Die „Mall of Berlin“ ist das zweitgrößte unter mittlerweile 67 Berliner Shoppingcenter und will bis 2018 weiter expandieren. Sie soll die größte Europas werden, wie der Betreiber stolz verkündet. Bis jetzt stecken in dem monumentalen angeblichen „Prachtbau“ ca. 1 Mrd. Euro, finanziert  u.a. von der Deutschen Hypo, der BNP Paribas, aber auch der ‚Bayrischen Versorgungskasse‘, die als „größte öffentlich-rechtliche Versorgungsgruppe Deutschlands“  450 Mio. Euro aus Versicherungsbeiträgen von 1,9 Millionen Versicherten aus Bayern hier in einer spekulativem „Betongold“ angelegt hat.

Investor bzw. Eigentümer der Mall  - gemeinsam mit der Londoner Großimmobilieninvestoren-Gruppe „Arab Investments“-  ist der „König der Berliner Shoppingcenters“ (Tagesspiegel) Harald Gerome Huth, abgekürzt HGH. Er ist der Herrscher über sein Unternehmen „High Gain House Investments“ – abgekürzt HGHI. Schon der Name dieser Holding ist Programm: Es geht um nichts als Höchstprofit, egal auf wessen Kosten. Die Malls des noblen Herrn H.G. Huth stehen in Berlin für Protz und Gigantomanie. Zuletzt ließ er ein Shoppingcenter in Steglitz mit dem ambitionierten Namen „Das Schloss“ hochziehen; die „Mall of Shame“ weihte er im September 2014 mit Prunk, Pomp und Prominenz ein, in Anwesenheit des damaligen OB Wowereit und des jetzigen OB Müller, beide SPD. Huth kennt sich also bestens aus im Berliner Filz aus Politik und Immobilienwirtschaft. Der Bau weiterer Shopping Malls steht schon auf der Tagesordnung seiner Holding; dann sind noch Charlottenburg und Tegel dran. „Ziel muss doch sein, dass der Tourist nicht nur nach Berlin kommt, um Party zu machen, sondern um ordentlich Geld auszugeben. Daran werden alle profitieren.“  So werde die Stadt endlich „wunderbar urban, davon kann Berlin derzeit nur träumen.“  (H.G.H. in der ‚Berliner Morgenpost‘) Wenn dieser Traum nicht mal zum Alptraum wird!


„Mall of Shame – Pay the Workers!“
Zum Alptraum beispielsweise wurde der Bau der „Mall of Berlin“ bereits für zahlreiche rumänische Bauarbeiter, die im September 2014 um ihren Lohn geprellt wurden. Sie waren im Heimatland für 5 – 6 € Lohn + freie Unterkunft von dubiosen Subunternehmern angeworben worden, darunter auch die „Firma“ Openmallmasters, mit einem Briefkasten in Frankfurt-Rödelheim ansässig. Kurz vor Abschluss der Bauarbeiten gingen die vom Generalunternehmer FCL eines Herrn Fettchenhauer beauftragten Firmen pleite, wenig später  wurde gegen die FCL selbst, an der laut Presseartikeln Huth selbst beteiligt sein soll, ein Insolvenzverfahren eröffnet.  Leidtragende dieser undurchschaubaren Schmierenkomödie waren zu allererst die Bauarbeiter, die am Ende nicht einmal den zugesagten Sub-Niedriglohn ausgezahlt bekamen. Sie wurden aus den Containern, in denen sie übernachteten, herausgeworfen und lebten seitdem neben der Baustelle auf der Straße. Dennoch ließen sie sich nicht einschüchtern, gingen an die Öffentlichkeit, organisierten gemeinsam mit der Gewerkschaft FAU Demos und Proteste – und müssen seitdem vor Gericht um die nicht-ausbezahlten Löhne kämpfen. Eine never ending Story der übelsten Sorte. H.G. Huth und seine HGHI als Betreiber der Mall erklären bis heute, nicht für die Prellung und Verarschung der rumänischen Bauarbeiter verantwortlich zu sein, obwohl sie als Investoren für den Generalunternehmer und die Subunternehmer haften.


Ausbeutung lokal – Ausbeutung global
Das Shoppingcenter, mit dem Huth seine Millionen verdient, bietet für die Kundschaft das übliche Shopping-Programm, von ‚Salamander‘ bis ‚Wienerwald‘, von Ramschklamotten bei ‚h&m‘ bis zum edleren Programm von ‚rich&royal‘  für  die „Frau von Welt“, „für kosmopolitische Frauen, die stylisch und selbstsicher durchs Leben gehen und dies auch in ihren Outfits ausstrahlen wollen“, so der Werbetext von rich&royal.

Wie sich H.G. Huth als Immobilieninvestor nicht für die geprellten Löhne der rumänischen Bauarbeiter verantwortlich fühlt, so agieren auch die Klamottenläden – egal ob die exklusiven oder die mit den Schnäppchen für die „Massen“: Was in den Textilfabriken in Asien geschieht und unter welchen Bedingungen und zu welchen Löhnen produziert wird, ist erst mal nicht ihr „Problem“. Erst als nach 2012 in rascher Folge Textilfabriken in Pakistan und Bangladesch, der „Vorhölle des Weltmarkts“ (so die Hilfsorganisation medico), einstürzten und Hunderte von Menschen unter sich begruben, Textilarbeiterinnen verbrannten oder zu Tode kamen, wurde die Öffentlichkeit auch hier aufmerksam. Die Textilketten bekamen ein „Problem“, das mehr als ein „Imageproblem“ ist. Denn seitdem kämpfen die Textilarbeiterinnen und ihre Angehörigen und Hinterbliebenen  um Entschädigung und um bessere Arbeitsbedingungen vor Ort. Und sie kämpfen einen harten Kampf.

Wir können vor Ort, z.B. hier in der „Mall of Shame“,  diese Forderungen zum „Problem“ für die Textilanbieter machen – sie haben hier ihre Läden mitten unter uns, verkaufen „ihre“  Hosen und Shirts in unseren Einkaufsstraßen. Wir tragen die unter den genannten Bedingungen produzierten Textilen am Körper – wir sind um eine Antwort gefragt.


Solidarität statt Spaltung
P.S. - Fast vergessen: In den obersten Etagen der Mall of Shame betreibt die HGHI gemeinsam mit der „Premiummarke“ BMW den Vertrieb von Luxusimmobilien, mit „grandiosem“ Ausblick aufs Regierungsviertel und den Potsdamer Platz.  Derzeit sind noch drei Angebote auf dem Markt:  U.a. eine Appartement von 280 qm für eine Monatsmiete von 7.000 € und als Highlight ein Penthouse, 450 qm, für sage und schreibe 11.240 € im Monat – die rumänischen Bauarbeitern rennen derweil immer noch ihren geprellten Löhnen, die weit weniger als 10.000 € ausmachen, hinterher. So die Realitäten in der BRD-Klassengesellschaft im Jahre 2016.