In den Kämpfen der letzten Jahre haben wir vor allem diskursive Erfolge erzielt. Linken Kräften ist es gelungen, die Zustimmung zu kritischen und progressiven Positionen in vielen gesellschaftlichen Bereichen zu vergrößern. Damit konnten wir einzelne Zugeständnisse abringen, wie die Streichung des §219a. Gleichzeitig blieben materielle Erfolge meist aus, echte Gegenmacht entstand kaum. Statt kleine Brüche zu erzeugen, werden Schlagworte unserer Kämpfe vom vermeintlich grünen Modernisierungsprojekt symbolisch aufgenommen und vereinnahmt. Der weltweite Aufstieg der Rechten zeigt, wie bereitwillig diese Zugeständnisse zur Disposition gestellt werden, um die herrschende Ordnung zu stabilisieren. Umso mehr müssen wir daher die Fähigkeit entwickeln, Erfolge gegen Angriffe zu verteidigen.
In diesem Sinne wollen wir aus einer radikalen Minderheitenposition heraus kurzfristige Handlungsfähigkeit mit der langfristigen Organisation von Gegenmacht verknüpfen, die nicht symbolisch und appellativ bleibt. Diskursive Verschiebungen bleiben ein relevanter Teil unserer Praxis. Sie müssen sich aber daran bemessen lassen, inwieweit sie das Potenzial für kleine Brüche stärken und reale Veränderungen bewirken. Wir müssen die organisierenden und unterbrechenden Elemente von Gegenmacht systematisch ausweiten, wenn wir ein linkes Hegemonieprojekt voranbringen wollen. Nur dann können wir Veränderungen auch erzwingen. In der Vergangenheit standen unsere Ansätze oft unverbunden nebeneinander. Immer wieder taten sich Spannungsfelder auf: zwischen dem Gewinnen von Mehrheiten und dem Kämpfen als radikale Minderheit, zwischen Verankerung und der Notwendigkeit zur Zuspitzung, zwischen Rebellion und Transformation. In Zukunft müssen wir unsere Ansätze also besser als bisher in ein sinnvolles Verhältnis zueinander setzen.
Für die Bestimmung dieses Verhältnisses brauchen wir produktiven Streit, innerhalb und außerhalb unserer Organisierung. In den folgenden Abschnitten aktualisieren wir deshalb unsere strategischen und taktischen Orientierungen. Im Zwischenstandspapier von 2014 haben wir diese zum ersten Mal aufgeschrieben. Einige Ansätze sind weiterhin gültig, andere sind neu hinzugekommen oder haben in unserer Organisierung an Relevanz gewonnen. Aus dieser Aktualisierung ist kein fertiges Programm geworden, sondern eine Mischung aus Auswertung, neuen Vereinbarungen, Herausforderungen und der gemeinsamen Suche nach Antworten auf offene Fragen.